Kein umfänglicher Entwicklungsprozess sollte ohne einen Überblick über bereits Vorhandenes wie eine bestehende Vision, gesetzte Ziele und den Status quo der technischen Ausstattung begonnen werden.
Eine umfängliche Analyse des Status quo, die sich auf alle Handlungsfelder erstreckt, ist der Beginn eines jeden Entwicklungsprozesses zur Gestaltung des digitalen Wandels. Hier geht es darum, zu erfassen, wie die beteiligten Schulen und auch alle anderen Akteure aktuell aufgestellt sind. Bereits hier sollte die Grundlage für ein gemeinsames Wording entstehen und deutlich werden: Wir gehen diesen Weg gemeinsam!
Fragen zur Reflexion der aktuellen Situation
Was haben wir bereits innerhalb der Kommune erreicht? Und wie haben wir das geschafft? Was hat sich bewährt und worauf können wir aufbauen? Gibt es womöglich schon ein Leitbild oder abgestimmte Ziele? Worauf kann (und muss) aufgebaut werden? Was fehlt definitiv? Wenn Sie die Fragen gemeinsam diskutieren, kommen oft verschiedene Sichtweisen zum Vorschein, die für eine ganzheitliche Bewertung hilfreich sein können.
Die Bestandsaufnahme erfordert eine enge Zusammenarbeit aller Akteure, die die Erstellung eines Leitbildes und/oder eines Medienentwicklungsplanung zu verantworten haben. Hier geht es auch darum, sich einen Überblick über Schnittstellenakteure zu verschaffen.
Raum für Austausch und Diskussionen in Verbindung mit einer Sammlung der Diskussionsergebnisse braucht es auch, um ein gemeinsames Verständnis von Begriffen und Konzepten zu generieren. Das lässt sich z. B. mit Runden Tischen oder einer Zukunftswerkstatt gut erreichen und kann ebenfalls von Ihnen als Schulträger (unter Beachtung möglicher Rollenkonflikte) oder – sofern vorhanden – von einem (regionalen) Bildungsbüro koordiniert werden.
Häufig verbleibt die Definition des Ausgangspunkts in nicht auf Daten gestützten Einschätzungen. Die Matrix für Schulträger bietet Ihnen ein an Qualitätsmerkmalen orientiertes und in verschiedene Handlungsfelder gruppiertes Reflexionsinstrument. Sie ermöglicht eine eigenverantwortete Bestandsaufnahme in Bezug auf die zentralen Inhaltsbereiche der Digitalisierung wie Medienentwicklungsplanung, Beschlusslagen oder Supportorganisation. Die Matrix für Schulträger kann im Rahmen von Schulträgerbesuchen zum Einsatz kommen, um einen Einblick in die aktuelle Prozessgestaltung zu gewähren und darauf aufbauend mit beratenden oder koordinierenden Instanzen in einen gemeinsamen Austausch über kurz-, mittel- und langfristige Ziele in Bezug auf die kommunale Digitalisierungsstrategie zu kommen.
Ein abgestimmtes Leitbild kann eine Basis für den Stadt- oder Gemeinderat und die Bildungs- und Finanzausschüsse sein, um für notwendige Maßnahmen im Zuge der Digitalisierung im Bildungsbereich argumentieren zu können. Auf Grundlage dieses Leitbildes erst erfolgt die konkrete Bestandsaufnahme. Grundlegend ist festzustellen, ob es bereits eine ausformulierte Vision gibt, z. B. vom Schulträger oder gar für die gesamte Bildungsregion. Welche Leitziele existieren schon? Wo und wie wird an der Umsetzung bereits gearbeitet, auch in anderen Fachbereichen, etwa hinsichtlich des Breitbandausbaus?
DIE BESTEHENDE STRATEGIE AUSBAUEN
Die Komplexität der Strategieentwicklung wird durch die Tatsache gesteigert, dass oft Vorarbeiten berücksichtigt und zunächst Informationen zusammengetragen werden müssen. Wurden technische oder pädagogische Standards bereits vereinbart? Sind Finanzierungsfragen geklärt? Wie ist der Umsetzungsstand diesbezüglich und wo kann angeknüpft werden? Gibt es schon Arbeitsgruppen oder Arbeitsstrukturen in der Kommune oder Region, die sich mit dem Thema Schulentwicklung in der digitalen Welt auseinandersetzen? Hier geht es darum, einen Überblick zu bekommen, welche Maßnahmen bereits wie ihre Wirkung entfalten.
STANDARD ODER FLICKENTEPPICH: WAS IST SCHON VORHANDEN?
Die Maßnahmen zur Ausstattung beginnen nie mit einem weißen Blatt. Es kann also hilfreich sein, sich zunächst die Zielsetzung, die mit einer Ausstattungsmaßnahme erreicht werden soll, bewusst zu machen. Die Bestandsaufnahme wird meist im Medienentwicklungsplan niedergeschrieben und klärt, welche technische Ausstattung an welchen Schulen bereits vorhanden ist. Gibt es ggf. bereits eine standardisierte Basisausstattung oder nutzt jede Schule z. B. unterschiedliche Gerätetypen? Je mehr „Flickenteppich“ es gibt, umso schwieriger und kostenintensiver werden Support und Schnittstellen zu konstruieren sein. Wichtig ist, auf Basis der Ergebnisse eine gemeinsame Planung anzugehen.
EINEN ÜBERBLICK ÜBER FORTBILDUNGSANGEBOTE SCHAFFEN
Im Rahmen der Bestandsaufnahme geht es darum festzustellen, welche Kompetenzen bereits vorhanden sind und welche zukünftig gebraucht werden. Als Basis dafür sollten idealerweise die Vision und die damit zu erreichenden übergeordneten Ziele bereits formuliert sein. Die Entscheidung über Qualifizierungsmaßnahmen hängt jedoch stark von Ihrer Arbeitsorganisation und der Größe der Trägerschaft ab. Die Bestandsaufnahme und die jeweiligen Kenngrößen werden im Medienentwicklungsplan auch für die Qualifizierung des Personals in der Trägerschaft begründet und dargestellt.
Der Digitalisierungsprozess stellt die für die Planung der Einzelschritte verantwortlichen Fachämter und Personen der Schulträger immer wieder vor neue Herausforderungen, deren Lösungen immer dann gut gelingen, wenn alle mit Blick auf die Schüler:innen zusammenarbeiten.
Rüdiger Bockhorst, Geschäftsführer, Zentrum für digitale Bildung und Schule Gütersloh
Praxistipp
Ziele, Motive und Einstellungen aller Akteure kennenlernen
Um einen Überblick zu bekommen, welche Institutionen in der Bildungsregion in welcher Funktion existieren und wie sie einbezogen werden können, kann es sinnvoll sein, eine Stakeholderanalyse zu erstellen. Sie ordnet diese Akteure der zugehörigen administrativen Ebene zu (Bund, Land, Kommune, Einzelschule usw.) und visualisiert davon ausgehend die Gestaltung des gemeinsamen Prozesses.